Private 5G-Campus-Netze revolutionieren die deutsche Industrie
Seit November 2019 können sich Unternehmen lokale 5G-Frequenzen für den Aufbau firmeneigener 5G-Campus-Netze sichern. Der neue Mobilfunkstandard 5G ermöglicht die Realisierung anspruchsvoller Industrie 4.0 und IoT Szenarien. Die lokalen, maßgeschneiderten Netze sorgen für eine bessere Abdeckung auf dem Werksgelände, ermöglichen volle Kontrolle der eigenen Unternehmensdaten und bieten bessere Latenz und Datenraten. Wo WLAN und LTE diesen Anforderungen bisher nicht gerecht werden konnten, punktet jetzt 5G mit Schnelligkeit und Flexibilität. So steigt die Rentabilität der Produktion. Insbesondere der Mittelstand kann davon profitieren und wettbewerbsfähiger werden.
Anforderungen der Industrie an das Unternehmensnetzwerk
Mit Zunahme der Automatisierung der Industrie gewinnt eine sehr schnelle und zuverlässige Konnektivität rasant an Bedeutung. Denn die vernetzten Anlagen und Anwendungen stellen immer höhere Ansprüche an die Funknetze der Unternehmen. Ziel: Kommunikation der Maschinen in Echtzeit und ein barrierefreier Handover selbstfahrender Logistikfahrzeuge. Deshalb profitieren von einem privaten 5G-Campus-Netz insbesondere Unternehmen, die eine stabile Datenübertragung mit hohen Up- und Downloadgeschwindigkeiten sowie Latenzzeiten von bis zu einer Millisekunde (für die Echtzeitkommunikation) benötigen.
Grenzen der WLAN-Vernetzung in der Industrie
Nahezu alle deutschen Produktionshallen sind bereits heute vernetzt. Meistens handelt es sich dabei um WLAN-Verbindungen. Für die meisten statischen Anwendungen ist das auch ausreichend. Möchte man aber Roboter über WLAN verbinden, wird der größte Nachteil dieser Drahtlos-Verbindung deutlich: Anders als der Mobilfunk arbeitet WLAN nicht mit geschützten Frequenzbändern, innerhalb derer ein ungestörtes Funken möglich ist.
Und denkt man an autonome, selbstfahrende Logistikroboter (sog. Automated Guided Vehicles / AGVs), zeigt sich noch eine andere Schwierigkeit von WLAN-Verbindungen: Ein barrierefreier Handover ist nicht möglich. So muss ein selbstfahrendes Fahrzeug beim Wechsel von einer in die andere Funkzelle zunächst stoppen, bis es eine neue Verbindung aufgebaut hat. Die Prozesskette von AGVs ist aber ganz besonders sensibel für Ausfälle und Stillstand. Mit Hilfe der 5G-Campus-Netze lässt sich das vermeiden.
5G Vorteile für die industrielle Produktion
Anders als die Vorgänger von 5G (3G/4G) eignet sich der Mobilfunkstandard der fünften Generation jetzt dazu, das WLAN in der Industrieproduktion abzulösen. Die Vorteile geschlossener, firmeneigener 5G-Campus-Netze sind:
- Starke Datensicherheit
- Garantierte Verfügbarkeit
- Hohe Bandbreiten
- Kurze Latenzzeiten
- Niedriger Energiebedarf
Das alles macht eine Datenverarbeitung in Echtzeit möglich.
Auf dieser Basis werden in den Fabriken zukünftig Maschinen mit Hilfe vieler Sensoren miteinander interagieren und enorme Mengen an Daten austauschen. Im Vergleich mit bisherigen Datenverbindungen sorgt 5G in den Werkshallen für eine größere Flexibilität bei extrem niedrigen Reaktionszeiten (> 1 ms). Mit Hilfe von 5G können die Daten dort verarbeitet werden, wo sie entstehen. Roboter können sich schneller bewegen und Daten können live gestreamt werden.
Schlüsseltechnologie „Network Slicing“
Ein weiterer Vorteil von 5G im Vergleich zu den vorrausgegangenen Mobilfunkstandards ist das sog. „Network Slicing“. Früher versuchten die Mobilfunknetze, alle Anwendungsfälle möglichst gut zu bedienen. Dagegen kann das 5G Netz in virtuelle Abschnitte mit speziellen Eigenschaften unterteilt werden. Dabei werden bedarfsgerechte Netzscheiben für jede individuelle 5G Anwendung zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise können bei der Zuteilung des optimalen Netzabschnittes applikations- und kundenspezifische Leistungsparameter und Sicherheitseigenschaften berücksichtigt werden. Im 5G-Campus-Netz können so vielfältige Anwendungen – mit verschiedensten Anforderungen bzgl. Geschwindigkeit, Reaktionszeit, Sicherheit und Kapazität – stabil und sicher laufen.
Projektbeispiele: 5G-Campus-Netze in der Industrie
Schon während der 5G Frequenzauktion im Frühjahr 2019 kündigten gewichtige deutsche Industriekonzerne wie BASF, Siemens, Bosch, Deutsche Messe und der Flughafenbetreiber Fraport sowie die Automobilhersteller BMW, Daimler und Volkswagen großes Interesse am Aufbau eigener 5G Netze an. Sie wollen sich damit unabhängig von den öffentlichen Mobilfunknetzen und vom 5G Ausbau machen.
Zu den ersten Unternehmen in Deutschland, die 5G-Campus-Netze im Einsatz haben, zählen BMW, Lufthansa und Rittal.
Lufthansa Technik: Ferninspektion von Triebwerken
Zusammen mit Nokia hat Lufthansa Technik am Standort Hamburg ein 5G-Campus-Netz aufgebaut, das zivilen Luftfahrtkunden die Ferninspektion von Triebwerksteilen ermöglicht. Das heißt, Kunden müssen bei der Triebwerkswartung nicht mehr physisch anwesend sein. Mittels hochauflösendem Video-Streaming können Kunden der Inspektion in Echtzeit beiwohnen, die zerlegten Bauteile gemeinsam mit den Mechanikern und Ingenieuren virtuell inspizieren und Entscheidungen bezüglich der Komponenten aus der Ferne treffen.
BMW Group: Dual-Slice-Lösung kombiniert privates und öffentliches Netz
Das 5G-Campus-Netz der BMW Group am Werk in Leipzig besteht aus zwei Teilen:
- Privates Mobilfunknetz: Reserviert für das Werk und seine Anwendungen in der Produktion.
- Öffentliches Mobilfunknetz: Für die Nutzung durch Mitarbeiter, Lieferanten und Besucher.
Die Kombination aus privatem und öffentlichem Netz nennt man „Dual-Slice-Lösung“. Betrieben wird dieses Netz von der Telekom. Netzausrüster ist der schwedische Technologiepartner Ericsson.
Rittal: Videobasierter Abgleich von Stückzahlen mit hinterlegten Auftragsdaten
Ein weiteres der 5G-Campus-Netze in Deutschland wird noch in diesem Jahr das Industrieunternehmen Rittal in seinem neuen Werk in Haiger in der Produktion installieren. Ziel ist es, mit Hilfe der 5G Technologie den Datenverkehr deutlich zu beschleunigen und zu vereinfachen. Im Rahmen der Produktionsüberwachung und -analyse soll 5G soll beim videobasierten Abgleich von Stückzahlen mit hinterlegten Auftragsdaten und bei der Implementierung von Analytics für eine präventive Instandhaltung zum Einsatz kommen.
Es gibt also unterschiedlichste Szenarien, wie ein privates 5G Netz Unternehmen noch effizienter und zukunftsfähiger machen kann. Möchten auch Sie von den Vorteilen privater 5G-Campus-Netze profitieren, dann kontaktieren Sie uns. MPC unterstützt und berät Sie kompetent und anbieterneutral.