Chancen, Grenzen und was Unternehmen jetzt konkret tun sollten
5G ist das Rückgrat für Industrie 4.0, vernetzte Produktion, autonome Logistik und Sensorik in Gebäuden. Die Kernfrage aus Sicht von IT-Leitung und Einkauf lautet jedoch: Wie nachhaltig ist 5G wirklich – ökologisch, technisch und wirtschaftlich?
Die kurze Antwort unserer Experten: Pro Datenbit ist 5G deutlich effizienter als 4G, doch die Gesamtnachhaltigkeit hängt davon ab, wie Netze geplant, betrieben und genutzt werden. Dazu zählen Energiequellen (Grünstrom), Laststeuerung (Sleep-Modi, AI-Optimierung), Architekturentscheidungen (Edge), sowie Rebound-Effekte durch steigenden Datenhunger. Studien und Branchenreports zeigen beides: große Effizienzpotenziale und realistische Grenzen. In diesem Artikel erfahren Sie wichtige
5G zwischen Fortschritt und Verantwortung
Technologisch bringt 5G eine enorme Weiterentwicklung gegenüber 4G: Höhere Bandbreiten, geringere Latenzen und eine deutlich bessere Netzkapazität. Möglich machen das unter anderem Massive-MIMO-Antennen, Beamforming und Netzfunktionen, die softwaredefiniert skaliert werden können. Hinzu kommt die optionale Verlagerung von Rechenlasten in Edge-Umgebungen, wodurch Daten näher an der Quelle verarbeitet werden.
Diese Fortschritte haben einen doppelten Effekt:
-
Einerseits erlaubt 5G, mehr Daten mit weniger Energie pro Bit zu übertragen – und zwar gerade dann, wenn moderne Hardware, intelligente Sleep-Modi und ein fein abgestimmtes Energiemanagement zum Einsatz kommen. Das alles macht den Betrieb grundsätzlich effizienter.
-
Andererseits eröffnet 5G aber neue Anwendungsfälle, die davor kaum denkbar waren (AR/VR, vernetzte Fahrzeuge, IoT-Sensorik) und das gesamte Datenvolumen rasant ansteigen lassen. Das auf diese Weise zusätzlich benötigte Volumen kann die Effizienzgewinne auf Netzebene teilweise oder vollständig kompensieren.
Damit steht 5G in einem Spannungsfeld: Technologisch effizient, aber in der Gesamtbilanz nur dann nachhaltig, wenn das Datenwachstum im Zaum gehalten wird. Verantwortungsvolle 5G-Einführung bedeutet deshalb, Effizienz und Wachstum gemeinsam zu steuern, anstatt nur auf technische Spitzenwerte zu blicken.
Energieverbrauch und CO₂-Bilanz – wie grün ist das 5G-Netz wirklich?
Energieverbrauch der Netzkomponenten
Im Vergleich zu 4G verbrauchen einzelne 5G-Basisstationen häufig mehr Strom, was vor allem an den aktiven Antennenmodulen (Massive MIMO) und der höheren Rechenlast für Signalverarbeitung liegt. Doch: Pro übertragenem Bit ist 5G trotzdem signifikant effizienter.
Grund dafür: Je besser die Zellen ausgelastet und gesteuert werden (Carrier on/off, Sleep-Modi, bedarfsgerechte Sendeleistung), desto größer sind die Effizienzvorteile. In gut geplanten Netzen sinkt der Energiebedarf pro Datenmenge deutlich. Für die CO₂-Bilanz zählt daher die Auslastung.
Edge Computing hilft zusätzlich: Daten werden dezentral verarbeitet, wodurch weniger Verkehr durch die Kernnetze fließt. Das spart Transportenergie und reduziert Latenzen.
Rebound-Effekt durch höhere Datennutzung
Wird Übertragung günstiger und schneller, wächst die Nutzung und damit das Datenvolumen: Es droht ein klassischer Rebound-Effekt. 4K/8K-Video, immersive Schulungen, digitale Zwillinge oder flächendeckende Sensornetze treiben den Energiebedarf nach oben. Laut Prognosen der GSMA könnte der gesamte Energieverbrauch der Mobilfunknetze bis 2030 trotz Effizienzsteigerungen um bis zu 150 % steigen, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Praktisch heißt das: Unternehmen sollten nicht nur die Netzleistung betrachten, sondern auch datenbewusste Anwendungsarchitekturen etablieren – etwa durch Edge-Preprocessing, Datenkompression, bedarfsgerechte Sampling-Raten sowie klare Aufbewahrungs- und Löschkonzepte. So bleibt die Netto-Nachhaltigkeit von 5G in der Balance.
Grünstrom & Energieoptimierung der Provider
Die großen Carrier haben die Stellhebel erkannt und reagieren :
- Telekom betreibt ihr Mobilfunknetz seit 2021 vollständig mit Grünstrom.
- Vodafone nutzt KI-gestützte „Sleep-Modi“, die Antennen nachts automatisch abschalten.
- Telefónica (O₂) investiert in hocheffiziente Kühlung und modulare Rechenzentren.
Für Geschäftskunden relevant: Viele Provider dokumentieren Fortschritt und Zielpfade in Nachhaltigkeitsberichten. Wer 5G-Leistungen einkauft, sollte diese Transparenz aktiv einfordern – inklusive Kennzahlen zur Energieintensität, Anteil erneuerbarer Energien und Roadmaps für weitere Reduktionen. So wird 5G Nachhaltigkeit vom Marketingversprechen zu messbaren Ergebnissen im Vertrag.
Kurz: Pro Bit ist 5G zwar „grüner“, absolut bleibt der Strombedarf aber ein bewegliches Ziel – beeinflusst durch Wachstum, Hardware-Mix, Frequenzen (z. B. 3,5 GHz vs. 700 MHz) und Steuerung. Nachhaltigkeit entsteht nicht automatisch, sondern durch gezielte Architektur- und Betriebsentscheidungen.
Architekturhebel: So stiftet 5G echten Nachhaltigkeitsnutzen
1) Edge Computing & Traffic-Lokalisierung
Daten nahe der Quelle zu verarbeiten reduziert Transportaufwand und kann die Energie in Core-Netzen und Weitverkehr senken – zugleich steigen Reaktionsfähigkeit und Datenschutz. Forschung und Praxiscases zeigen: Energiebewusstes Traffic-Management an der Edge verbessert die Nachhaltigkeit von 5G-Infrastrukturen spürbar.
2) Energiesparfunktionen im RAN
5G RAN (Radio Access Network) adressiert systematisch Sleep-Zustände, Lastbündelung und Signalisierung, um Funkzellen je nach Bedarf in Deep-Sleep zu versetzen und Geräte effizient aufzuwecken. Diese Funktionen senken den Verbrauch im Teillastbetrieb – besonders nachts und am Wochenende.
3) Moderne Radio-Hardware & Small Cells
Neuere Antennen/Radio-Units arbeiten effizienter; in dichten Umgebungen können kleine Zellen (Indoor/Outdoor) den Leistungsbedarf pro Fläche senken, da weniger Sendeleistung pro Zelle nötig ist – vorausgesetzt, Planung und Auslastung stimmen. (Kontextabhängig; sorgfältige Funkplanung bleibt Pflicht.)
4) Grünstrom
Der Umstieg auf 100 % erneuerbare Energien (Stromabnahmeverträge, lokal installierte Photovoltaikanlagen) verschiebt die Bilanz messbar – ohne Eingriff in SLA/Latenz. Betreiberberichte zeigen, dass ein konsequenter Grünstrommix zum Standardrepertoire gehört.
5G als Enabler: Wo Unternehmen in der Praxis wirklich sparen
IoT & Automation
- Predictive Maintenance reduziert Verschleißteile und Ausfälle.
- Smart-Energy/Smart-Building: Feingranulare Messung & Regelung (Heizung, Lüftung, Beleuchtung, Sicherheitstechnik) spart dauerhaft Energie.
- Logistik + Flotten: Echtzeit-Tracking, Routenoptimierung, weniger Leerfahrten – messbarer CO₂-Effekt.
Private 5G-Campusnetze
Mit privaten 5G-Campusnetzen lassen sich Funkressourcen bedarfsgerecht skalieren. Zellen laufen nur, wenn sie gebraucht werden (Schichtbetrieb, Events, saisonale Peaks). QoS und Sicherheit werden pro Anwendung vergeben. In der Praxis senken abgestimmte Betriebsfenster, Edge-Analytics und eine gute Funkausleuchtung den Energiebedarf – bei gleichzeitig stabilerer Performance.
Fazit: 5G ist kein grünes Versprechen – sondern ein Werkzeug
Nachhaltigkeit ist kein automatischer Nebeneffekt von 5G – sie muss geplant werden. Unternehmen, die Effizienzpotenziale konsequent nutzen, Edge Computing strategisch einsetzen und bei der Providerwahl auf CO₂-neutrale Netze achten, können ihre Umweltbilanz signifikant verbessern. 5G kann die Energieintensität pro Bit deutlich senken. Der absolute Verbrauch hängt aber von Architektur, Lastmanagement, Energiequellen und Nutzung ab. Gut geplant (Edge, Sleep, Grünstrom, KPI-Monitoring) liefert 5G messbare Nachhaltigkeitsgewinne – gerade in Industrie und Logistik.
Unser Experten-Tipp: Verankern Sie Energie-KPIs und Grünstromnachweise früh in der Ausschreibung. So wird Nachhaltigkeit vom Versprechen zum SLA-gesicherten Ergebnis.
Sie planen Campusnetze, IoT-Rollouts oder eine WAN-Modernisierung mit 5G? MPC unterstützt Sie herstellerneutral bei Bedarfsanalyse, Design, Ausschreibung und KPI-Setup – mit Fokus auf Energieeffizienz, TCO und CO₂-Bilanz. Kontaktieren Sie uns hier.